Nach Abschluss der Mittelschule stehen Jugendliche vor einer sehr wichtigen Entscheidung. Die Wahl der Ober- bzw. Berufsschule bildet den Grundpfeiler für ihren zukünftigen beruflichen Werdegang. Das WIFO – Institut für Wirtschaftsforschung der Handelskammer Bozen hat die Einflussfaktoren auf die Schul- und Berufswahl von Südtirols Jugendlichen genauer untersucht.

Jeweils etwas mehr als ein Drittel der Südtiroler Schülerinnen und Schüler entscheidet sich nach der Mittelschule für ein Gymnasium (34,3 Prozent) bzw. eine Berufsschule (35,9 Prozent). Eine Fachoberschule wählen dagegen 29,9 Prozent der Jugendlichen.

Der Großteil der Schülerinnen und Schüler trifft diese Entscheidung auf Grundlage der eigenen Interessen und Fähigkeiten. Jede/r dritte Jugendliche wählt die Schule auch aufgrund der Tatsache, dass jemand aus dem Familien- oder Bekanntenkreis dieselbe Ausbildung macht bzw. gemacht hat. Auch Gespräche und Empfehlungen von Eltern, Lehrpersonen oder der Berufsberatung spielen für die Schulwahl eine Rolle.

Ein wesentlicher Einflussfaktor für die Schulwahl ist das Geschlecht. Mädchen wählen nach der Mittelschule eher das Gymnasium, Jungen hingegen eher eine Technologische Fachoberschule. Die Unterschiede zwischen den Geschlechtern setzen sich in den Wunschberufen der Jugendlichen fort. So nennen Jungen am häufigsten die Berufe des Tischlers, Elektrikers, Kochs und Mechanikers, während es bei Mädchen jene der Kindergärtnerin, Kosmetikerin, Lehrerin, Friseurin und Ärztin sind.



Daher sollten die Sensibilisierungsmaßnahmen in allen Bildungsstufen verstärkt werden, um diesen Geschlechterklischees entgegenzuwirken und Mädchen noch mehr für technische Berufe und Jungen mehr für soziale Berufe zu begeistern. Generell werden in Zukunft Berufe in den sogenannten MINT-Fächern, also in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik, eine noch wichtigere Rolle spielen.

Auch die Muttersprache und der Wohnort beeinflussen die Schulwahl. Schülerinnen und Schüler italienischer Muttersprache sowie jene, die in städtischen Gemeinden wohnen, entscheiden sich eher für eine Technologische Fachoberschule oder ein Gymnasium. Jugendliche deutscher Muttersprache bzw. aus ländlichen Gemeinden wählen hingegen häufiger eine Berufsschule. Deshalb sollten alle Sprachgruppen stärker für die vielen beruflichen Möglichkeiten und die Vorteile der Berufsbildung sensibilisiert werden.

Als weitere Einflussgröße ist der familiäre Hintergrund, z.B. der Bildungsgrad der Eltern, zu nennen. Südtirols Jugendliche besuchen beispielsweise deutlich häufiger ein Gymnasium oder eine Wirtschaftsfachoberschule, wenn sie aus einer Familie mit einem höheren Einkommen stammen oder ihre Eltern eine Universität abgeschlossen haben.

„Es ist wichtig, allen Schülerinnen und Schülern die gleichen Chancen für ihren schulischen und beruflichen Werdegang zu bieten. Die schulische Integration von Jugendlichen mit besonderen sprachlichen, kulturellen oder familiären Hintergründen spielt dabei eine wichtige Rolle“, sind sich die Landesräte Philipp Achammer, Daniel Alfreider und Giuliano Vettorato sicher.

„Für die Zukunft gilt es sicherzustellen, dass Jugendliche ihre Schul- und Berufswahl so gründlich wie möglich reflektieren. Das in der Handelskammer Bozen geplante Talentcenter soll Schülerinnen und Schülern der Mittelschule die Entscheidung zur Schul- und Berufswahl erleichtern. Ab Herbst können die Jugendlichen dort auf ihre Interessen und Fähigkeiten hin getestet werden“, betont Handelskammerpräsident Michl Ebner.

WIFO-Studie 1.23 "Die Schulwahl der Südtiroler Jugendlichen"