Im Mittelpunkt der heutigen Tagung „Südtirol goes Talentcenter“ in der Handelskammer Bozen standen die Bildungsentscheidungen der Südtiroler Mittelschüler/innen und der Beitrag, den das Talentcenter Bozen in Zukunft dazu leisten kann. Außerdem wurde den rund hundert Teilnehmer/innen ein detaillierter Einblick in die Berufsorientierungslandschaft in Südtirol gegeben und ihnen erklärt, wie sich das geplante Talentcenter in Bozen darin einbetten wird.

Im Alter zwischen 13 und 15 Jahren treffen die Schüler/innen mit der Wahl des zukünftigen Bildungs- bzw. Berufsweges eine wichtige Entscheidung für ihre Zukunft. Im ersten Vortrag des Nachmittages zeigten die zwei WIFO-Mitarbeiter Urban Perkmann und Thomas Schatzer die Ergebnisse einer WIFO-Umfrage auf, laut denen die meisten Schüler/innen in Südtirol ihre Schulwahl auf Basis ihrer eigenen Interessen und Fähigkeiten treffen. Dennoch spielen auch andere Faktoren wie die Nähe zur Schule oder die Ausbildung der Eltern eine Rolle. Anschließend wurde das Thema von Reinhard Tschiesner, Professor an der Freien Universität Bozen, aufgegriffen und aus entwicklungspsychologischer Sicht vertieft.

Das Talentcenter in Bozen wird nach dem Vorbild des Talentcenters in Graz realisiert. Aus diesem Grund sprach Martin Neubauer, Leiter des Wirtschaftsförderungsinstituts der Wirtschaftskammer Steiermark, über die Entstehung des Steirer Talentcenters, das seit sechs Jahren erfolgreich in Betrieb ist. Eine Besonderheit ist dabei, dass die Inhalte und Testverfahren in enger Zusammenarbeit mit der Karl-Franzens-Universität Graz entwickelt wurden. Die wissenschaftlichen Grundlagen und Modelle wurden von Martin Arendasy, Professor an der Karl-Franzens-Universität Graz und Mitentwickler der Talentcenter-Tests, genauer erklärt.

Die Psychologinnen Johanna Happacher und Michela Moretti der Freien Universität Bozen informierten über die notwendigen Anpassungen der Grazer Testverfahren an die Südtiroler Gegebenheiten. Dies beinhaltet vorwiegend die Übersetzung der Tests ins Italienische und die Entwicklung eines neuen Testes zur Ermittlung der Sprachkompetenzen, angepasst an die Südtiroler Besonderheiten.

Im Vortrag „Die Beratung als zentrales Element im Orientierungsprozess“ betonten Rolanda Tschugguel, Direktorin der Abteilung Bildungsförderung der Provinz Bozen, und Alexa Seebacher, Direktorin des Amtes für Ausbildungs- und Berufsberatung, die Wichtigkeit der individuellen Beratung für die Schüler/innen. Sie orientiert sich auch am Kooperationsmodell zur Ausbildungs- und Berufswahl, welches die Bedürfnisse aller Stakeholder in Südtirol berücksichtigt.

Das Talentcenter Bozen wird im Handelskammer-Gebäude errichtet und stellt ab Herbst 2023 einen weiteren Baustein im Orientierungsprozess dar. Barbara Moroder, Koordinatorin des Bozner Talentcenters, erklärte den Anwesenden, wie sich ein Besuch im Talentcenter Bozen künftig abspielen wird. Ziel ist es dabei, die Schüler/innen der Mittelschule bei ihrer Berufsorientierung durch wissenschaftlich fundierte und standardisierte Testverfahren zu unterstützen. Im Talentcenter können die 13-bis-15-jährigen Jugendlichen ihre Fähigkeiten testen und bekommen eine Rückmeldung darüber, in welchen Bereichen ihre Stärken und Talente liegen.

„Das Talentcenter Bozen kann einen maßgeblichen Beitrag für Berufsorientierung der Jugendlichen leisten, indem ihre Fähigkeiten und Talente hervorgehoben werden. Auch der Arbeitsmarkt profitiert von jungen Menschen, die selbstbewusst und zielstrebig ins Berufsleben einsteigen“, ist Michl Ebner, Präsident der Handelskammer Bozen, überzeugt.

„Das Amt für Ausbildungs- und Berufsberatung des Landes Südtirol arbeitet bereits seit Jahrzehnten sehr erfolgreich und ist fest in der Berufsorientierungslandschaft verankert. Das Talentcenter Bozen kann das Angebot um eine weitere Komponente ergänzen“, erklärt Landesrat Philipp Achammer.

„Durch die Übersetzung und die Anpassung der in Graz entwickelten Testverfahren an die hiesigen Gegebenheiten kann ein Mehrwert für Südtirol generiert werden“, so Landesrat Giuliano Vettorato.

„Es ist erfreulich, dass das Talentcenter Bozen in der Auswertung der Tests künftig auch die Besonderheiten der ladinischen Realität berücksichtigen wird. Dadurch erhalten die ladinischen Schüler/innen ein genaueres Ergebnis“, ergänzt Landesrat Daniel Alfreider.

„Mit dem Talentcenter Bozen wird ein besonderes Projekt für die Jugendlichen in Südtirol realisiert. Mit Freude stellt die Freie Universität Bozen ihr wissenschaftliches Know-how und ihre Unterstützung dafür zur Verfügung“, meint Ulrike Tappeiner, Präsidentin der Freien Universität Bozen.

Das Projekt kann im Rahmen des ESF+-Programms 2021-27, das derzeit von der Europäischen Kommission genehmigt wird, eingegliedert werden.